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Allgemeines Was ist ein Comic? Diese Frage wurde zu verschiedenen Zeiten verschieden beantwortet. Die hier vorliegende Definition entstand Ende 2007 im Auftrag des Bibliographischen Instituts (Brockhaus) und wurde für "Deutsche Comicforschung" leicht modifiziert. Anmerkungen sollen einige Grundlagen dieses Ansatzes erläutern.
Wer unter dem Begriff "Comic" nur den Comic neuerer Prägung versteht, verkennt, dass auch die Form der Bild-Erzählung auf eine lange Tradion zurückblicken kann. Das unzutreffende Lehnwort aus dem Englischen hat bis heute eine vorurteilsfreie Ein- und Zuordnung verhindert.
Mit inzwischen zehn Ausgaben kann die Reihe "Deutsche Comicforschung" auf eine ansehnliche und wertvolle wissenschaftliche Arbeit verweisen. Wie kam es zu diesem Projekt, und was hat es in den Jahren seines Bestehens bewirkt? Wo steht die Aufarbeitung der deutschen Comicgeschichte heute?
Wurde der deutsche Comic mit Wilhelm Buschs "Max und Moritz" "geboren"? Natürlich nicht. Ein kleiner Ausschnitt aus der Menge der Publikationen zeigt, wie sich die Bild-Erzählung vor 1865 entwickelt hat und welche Vielfalt an Stilen um die Mitte des 19. Jahrhunderts herrschte.
Wir sprechen heute ganz selbstverständlich von Comics, wenn wir serielle Bild-Erzählungen meinen. Doch erst Ende der 60er Jahre wagte es ein deutscher Verlag, den Begriff "Comic" auf das Cover eines Comic-Hefts zu setzen. Bis dahin galten Comics pauschal als minderwertig; die Bezeichnung "Comic" war negativ belegt.
Die Bild-Erzählung wandte sich ursprünglich allein an Erwachsene. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erkannten die Verlage zunehmend "das Kind" als Zielgruppe. Die humoristischen Zeitungsbeilagen in den USA um 1900 erbten nicht nur diese Ambivalenz, sondern auch formale Vorgaben aus der Alten Welt.
In der Geschichte des Comic gibt es Randgebiete, die für das Verständnis dieser Ausdrucksform von Interesse sind. Vom Flugblatt der Renaissance über den Bänkelsang zieht sich eine Linie bis hin zur Laterna Magica und den Diafilmen des 20. Jahrhunderts.
Während zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Sprechblasencomic in den USA den Durchbruch schaffte, hielt man in Europa an alten Traditionen fest. Das war sowohl Ausdruck eines kulturellen Dünkels als auch pädagogisch motiviert. Selbst in Amerika waren die neuen Comicbeilagen nicht unumstritten.
In "Deutsche Comicforschung" 2010 wurde ein erster Versuch unternommen, die reservierte Haltung europäischer Zeichner und Verleger gegenüber dem amerikanischen Sprechblasencomic nach 1900 abzuleiten. Neu aufgefundene Dokumente aus den 20er und 30er Jahren sollen diese Ausführungen ergänzen.
Von der Comicforschung werden Fotocomics kaum beachtet. In ihrer Heimat Italien und Frankreich verdankten sie ihre Popularität dem Kinofilm. Formal in vielem dem gezeichneten Comic ähnlich, zeigen Fotocomics eine weit geringere künstlerische Bandbreite als jener, bedienen jedoch alle trivialen Genres.
Als Bestandteil von Zeitungen musste die amerikanische Comicbeilage auch die Aufmerksamkeit der frühen deutschen Zeitungsforschung erwecken. In Deutschland tat man sich schwer, die populäre Form zu übernehmen, und das, obwohl die Comics dazu beitrugen, die Auflage ihres Blattes zu erhöhen.
Als die deutschen Verlage zu Anfang der 1950er Jahre den Comic entdeckten, hatte die Vorverurteilung dieser Form schon begonnen. Die erste, die sogenannte "negative Phase" der Comic-Hatz wurde Mitte des Jahrzehnts durch die Einrichtung einer "Bundesprüfstelle" und von Schmökergrab-Aktionen abgelöst.
Nicht nur in Westdeutschland, auch in der DDR gab es zu Beginn der 50er Jahre Bestrebungen, dem vermuteten schädlichen Einfluss der Comics etwas entgegenzusetzen. Die Debatte um "Schmutz und Schund" wurde hier möglicherweise mit dem Ziel geführt, die USA zu diskreditieren.
Die Schund-und Schmutz-Debatte der 50er Jahre wirkte lange nach. Doch dann, gegen Ende der 60er und vor allem in den 70er Jahren begann sich das öffentliche Bild der Comics zu ändern. Der Paradigmenwechsel war besonders in der sich grundsetzlich neu orientierenden Kunstdidaktik spürbar.
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