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1919 bis 1939 Künstlerische Neuerungen lassen sich stets auf Vorbilder und Entwicklungen zurückführen. Das gilt auch für den Comic. Verdanken wir das häufige Auftreten von Sprechblasen im Österreich der 1920er und 30er Jahre einem eher unscheinbaren Strip aus der Feder des in den USA ausgebildeten Zeichners Peter Eng?
In älterer Literatur zum Comic liest man in der Regel, erst nach 1945 habe es im deutschsprachigen Raum Sprechblasencomics gegeben. Neuere Forschungsergebnisse widerlegen das. In Österreich war die Sprechblase bereits in den 20er Jahren eingeführt. "Familie Riebeisel" erschien kurzzeitig auch in Deutschland.
Mit "Tobias Seicherl" erschuf er den vermutlich ersten politischen Tagesstrip der deutschsprachigen Comicgeschichte. Auf die politische Dimension der Frühzeit dieses Strips ist der Wiener Ladislaus Kmoch denn auch stets reduziert worden. Doch sein Werk ist vielschichtiger; es reicht weit über "Seicherl" hinaus.
Vor rund hundert Jahren sollte das "deutsche Wesen" der ganzen Welt zum Vorbild gereichen. Ein ähnlich missionarischer Anspruch ging von der Kirche aus. Der wilhelminische Kolonialismus fand seinen späten Niederschlag in einer Serie von Comicbüchern mit den Reiseabenteuern des "Onkel Bleise".
Addenda
In den 1920er und 30er Jahren war Paul Simmel einer der bekanntesten deutschen Karikaturisten. Er wirkte stilbildend für viele, die ihm nacheiferten. In seinem überwiegend aus Cartoons bestehenden Werk finden sich auch Comics, darunter zwei längere Serien.
Erst spät sah man in Deutschland Abdrucke der um 1900 entstandenen amerikanischen Zeitungscomics. Das Magazin, eine 1924 gegründete Publikation für Liebhaber des "Mondänen" und erotischer Fotos, unternahm 1925 einen halbherzigen Versuch, diese Strips den deutschen Gewohnheiten anzupassen.
Dafür, dass sich die deutschen Tageszeitungen des frühen 20. Jahrhunderts dem Comic amerikanischer Machart verweigerten, gab es verschiedene Gründe. Grundsätzlich waren Zeitungen hierzulande weniger bildbetont als jenseits des Atlantiks. Andere Barrieren war die der Mentalität und des kulturellen Dünkels.
Für eine Zeitung der 20er Jahre hatte Die Grüne Post einen hohen Anteil an Bildinformationen. Damit näherte sie sich den Illustrierten an. Zum gezeichneten Bild gehörte von Anfang an auch der damals noch kaum bekannte Sprechblasencomic. Comics wurden auch nach 1933 nicht ausgeschlossen.
Als Autor des Bestsellers "Im Westen nichts Neues" wurde Erich Maria Remarque Ende der 1920er Jahre eine international bekannte Persönlichkeit. Dass Remarque in den Jahren zuvor auch Comics getextet hatte, spielte fortan in seinem offiziellen Lebenslauf keine Rolle mehr.
Man kennt ihn eigentlich nur durch ein - für den Zeichner wenig schmeichel-
haftes - Buch, "Die heilige Plutokrazia". Otto Schendel hat weit mehr als das geschaffen. An seinem Werk ist abzulesen, wie sich deutsche Zeichner der Zwischenkriegszeit auf dem Grat zwischen Tradition und Moderne bewegten.
Ein Zeichner, von dem nur das Frühwerk bekannt ist, ist künstlerisch schwer einzuschätzen. Frank Behmak zeigt in diesem Frühwerk erstaunliche Ansätze und eine stetige Entwicklung. Die Zeitumstände - das "Dritte Reich" - waren es vermutlich, die seine Karriere in Deutschland zu Anfang der 1930er Jahre beendeten.
Er war ein Mann der vielen Talente, ein leidenschaftlicher Magier, ein Sachbuch- und Romanautor und - auf einem kurzen Stück seines Lebens - auch ein Comic-zeichner. Nicht nur diese Comics, auch Walter Sperlings Beschreibungen des Metiers verdienen heute unser Interesse.
Walter Scholz war Werbegrafiker, Pressezeichner und Comicschöpfer in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Seine Biografie - und wohl auch ein Teil seines Werks - liegt im Dunkeln. Zeichnerisch kann Walter Scholz Mitte der 30er Jahre mit seinen berühmteren Kollegen gut mithalten.
Abhandlungen zu "Vater und Sohn" stellen Ohsers Comic gemeinhin in eine Linie mit dem tragischen Ende des Zeichners. Das ist unzulässig - trägt es doch nicht dazu bei, das Werk vorurteilsfrei zu bewerten. Welchen Rang hat "Vater und Sohn" als Zeitungsstrip der 1930er Jahre wirklich?
Im umfangreichen Oeuvre des Pressezeichners und Illustrators Gerhard Brinkmann nehmen die Comics nur kleinen Raum ein. Dennoch ist der Beitrag zum deutschen Comic nicht gering - erstreckt er sich doch über mehr als ein halbes Jahrhundert und schließt Illustrierten- und Werbecomics sowie Buchausgaben ein.
Ausgerechnet in der Gartenlaube erschien Ende der 1930er Jahre ein Comic, der auf amerikanische Vorbilder verweist und in der Comicliteratur der Zeit die große Ausnahme ist. "Famany", der "erste deutsche Bildroman", wendet sich offenbar an den erwachsenen Leser.
Ein unbekannter Zeichner, der ausgerechnet zu Beginn der Hitler-Ära und in einer betont "völkischen" Publikation einen Sprechblasencomic mit stehendem Helden in Szene setzt - wer war dieser Hellmuth M. Peter und woher hatte er seine Anregungen?
Mit seinem auf das Wesentliche reduzierten Strich war Horst von Möllendorff in den 1930er Jahren der konsequenteste Vertreter des damaligen "Männchenstils". Er galt als unermüdlicher Erfinder immer neuer Gags. Nach dem Krieg machte sich Möllendorff durch sein Bildrätsel "Gewinne mit Kessi und Jan" einen Namen.
Rückblickend war es wohl eine der entscheidenden Leistungen der 1968er-Proteste, die jüngere Vergangenheit nicht schweigend ad acta zu legen, sondern aufzuarbeiten. In diesem Kontext wurde auch der vergessene Grafiker Carl Joseph ("Jupp") Meffert, der sich 1933 Clément Moreau nennt, wiederentdeckt.
Mit der Serie "Mecki" schuf der Hamburger Reinhold Escher einen der künstlerisch wertvollsten deutschen Comics der Nachkriegsjahrzehnte. Wie kam der damals bereits in mittlerem Alter stehende Zeichner dazu, welche Einflüsse hatten auf seinem bisherigen Lebensweg auf ihn eingewirkt?
Addenda
Diverse Ergänzungen.
Deutschsprachige Comics gab es auch außerhalb der Grenzen der rein deutschsprachigen Länder. Was der Franzose Marcel Jeanjean für eine in Strasbourg erscheinende Illustrierte schuf, ist auch deswegen eine Besonderheit, weil Jeanjeans offizielle Biografie diesen Comic verschweigt.
Als Protégé Olaf Gulbranssons kam die Münchner Zeichnerin Franziska Bilek in den 1930er Jahren zum "Simplicissimus" und entwickelte hier einen eigenen, dynamischen Zeichenstil und skurrilen Humor. Bekannt wurde sie später mit ihren Arbeiten über München, vor allem aber mit der Figur des Herrn Hirnbeiß.
Eckart Sackmann:
Addenda
Er war in den 20er und 30er Jahren einer der innovativsten Comiczeichner in
Deutschland. Sein Schaffen erstreckt sich über ein halbes Jahrhundert. Und dennoch finden sich heute kaum Hinweise zu Emmerich Huber, die das überlieferte Werk mit der Person des Zeichners verknüpfen könnten.
Die formale Entwicklung des Comic ging an den deutschen Pressezeichnern der Nazizeit nicht vorbei. Die Verwendung von Sprechblasen deutet darauf hin, dass die amerikanische Mode weder verpönt noch verboten war. In den 1940er Jahren war eine Frau, Charlotte Simon, diesen Entwicklungen gegenüber aufgeschlossen.
Eckart Sackmann:
Es war ein kleines Wunder: "Charlotte Simon, geb. 1912, lebt noch heute und ist 104 Jahre alt", schrieb ihre Tochter im Oktober 2016 als Kommentar auf eine Rezension von "Deutsche Comicforschung 2014" bei Amazon. Die Zeichnerin ist eine der letzten lebenden Zeitzeugen der 30er und 40er Jahre.
Addenda
Dass ein deutscher Zeichner während der 1930er Jahre einen Sprechblasenstrip in einer großen Berliner Tageszeitung laufen hatte, will nicht in das Bild passen, dass wir bisher von der Rolle des Comic während der Nazizeit haben. Der Schöpfer dieses Strips, Hans Kossatz, war in mancher Hinsicht ein Ausnahmezeichner.
Er hat kaum Comics geschaffen und ist Sammlern eigentlich nur wegen zweier bald nach dem Krieg erschienener Hefte bekannt. Mit diesen zählte er allerdings zu den ersten deutschen Comiczeichnern, die nach 1945 eine hierzulande bis dahin fast fremde Form des Erzählens aufgriffen.
Die Arbeiter Illustrierte Zeitung (AIZ) propagierte den Kampf des Proletariats, doch war ihr gleichermaßen an einer Aufklärung und Schulung des ästhetischen Bewusstseins der Arbeiter gelegen. Politisch waren auch die zu Beginn der 30er Jahre eigenproduzierten Comics des Blattes.
Noch siebzig Jahre nach seinem Tod ist so gut wie nichts über einen der bedeutendsten Comicverleger der Vorkriegszeit bekannt, über den Wiener Hans Steinsberg. Dabei gingen die Auflagen seiner überwiegend im Deutschen Reich vertriebenen Kinderkundenhefte in die Hundertausende.
Addenda
Der Abenteuercomic, so lehren es viele Sekundärwerke, hatte seine Geburtsstunde am 7. Januar 1929 mit dem Beginn von "Tarzan" und "Buck Rogers". Das ist falsch. Abenteuerserien gab es lange vorher. Hier ein Blick auf den Papagei, eine Wiener Comiczeitschrift für Kinder der 1920er und 30er Jahre.
Vor 1935 beherrschte ein Maler und Grafiker Deutschlands Tages- und Wochenzeitungen: Walter Trier. Bis heute wird er als Kästner-Illustrator gefeiert und geliebt, doch dass er schon viel früher ganz anders konnte - auch das, was man heute Comic nennt -, wissen nur die wenigsten.
Genossenschaften entwickelten in den 1920er und 30er Jahren durchaus ideologische Züge. Kindern und ihrer Lektüre galt deswegen besondere Aufmerksamkeit. Nach 1933 wurde die auch Bildergeschichten transportierende Kinderbeilage der Mitgliederzeitschrift Genossenschaftsfamilie für andere Ziele missbraucht.
Addenda
Die Abenteuer der "5 Schreckensteiner" sind Barlogs bekannteste Bildergeschichten. Die Karriere des Zeichners beginnt jedoch bereits in den 20er Jahren und führt über die Berliner Illustrirte und zweifelhaften Soldatenhumor während des Dritten Reiches bis zu harmlosen Witzzeichnungen in der Nachkriegszeit.
Eckart Sackmann:
Er war eines der großen Talente des Comic in Deutschland, sowohl vor als auch nach dem Krieg. Da er vor allem für die Presse tätig war, kennt dennoch kaum jemand seinen Namen. Was für ein Mensch dieser Max Otto war, bleibt trotz neuer Erkenntnisse weitgehend ein Rätsel.
Addenda
Der gebürtige Wiener Otto Waffenschmied war einer produktivsten Comiczeichner und -autoren der 1930er Jahre. Als Hauptwerk gilt die langlebige, in Zusammenarbeit mit seiner Frau gestaltete Kinderzeitschrift Dideldum. Erfolg hatte der vielseitige Waffenschmied aber auch mit einem Theaterstück für Kinder.
Nur wenige US-amerikanische Comics fanden zwischen den Kriegen ihren Weg nach Deutschland. Martin Branners "Winnie Winkle" war so eine Ausnahme. Nach Einstellung der hierzulande als "Kalle, der Lausbubenkönig" bekannten Originalserie zeichnete der Deutsche Otto Schoff kurzzeitig einen Nachfolgestrip.
Als "Tonfilm-Wunder" erreichten die "Micky Maus"-Filme Walt Disneys 1930 auch das deutsche Kinopublikum. Dessen Begeisterung war ein Nährboden für allerlei Derivate wie Postkarten und Nippes. Die "Micky Maus"-Zeitungsstrips fanden in der Presse der Zeit jedoch nur wenig Aufnahme.
Die Nazis haben den Sprechblasencomic unterdrückt - so die vulgäre und in keiner Weise zutreffende Interpretation des Rückstands, den die künstlerische Ausdrucksform Comic zwischen 1933 und 1945 in Deutschland sammelte. Ein Blick auf eine nationalsozialische Wochenzeitung relativiert diese Vermutung.
Mit dem "Familienkater" Oskar schuf der Frankfurter Carl Fischer - genannt Cefischer - eine der populärsten Comicfiguren der Nachkriegszeit. Fischer begann seine Karriere in den 20ern. Ein schreckliches Schicksal führte dazu, dass er seinen "Oskar" mit dem Mund zeichnen musste - er hatte im Krieg beide Arme verloren.
Die Leser der Unterhaltungszeitschrift Das kleine Magazin stießen im Frühjahr 1925 auf Ungewohntes. Einen Sprechblasencomic von der Art der "Erlebnisse unseres Spezialreporters" hatte es in Deutschland noch nicht gegeben. Urheber der Strips war vermutlich der gebürtige Russe Paul Peroff.
Unter dem Titel "Schicksal" erschien 1926 eine "Geschichte in Bildern" von Otto Nückel, die zu den innovativsten Schöpfungen deutscher Druckgrafik und Illustrationskunst aus der Zeit der Weimarer Republik zählt. Im Gegensatz zu den Arbeiten Frans Masereels ist dieses Werk hierzulande heute fast vergessen.
Die aktivsten Institutionen auf dem Gebiet der Propaganda im "Dritten Reich" und Zweiten Weltkrieg waren das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, das Auswärtige Amt und die Wehrmacht. Manfred Schmidt arbeitete für alle drei.
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Die erste Frau Manfred Schmidts
Die Phase, in der der Maler und Illustrator Johannes Thiel Bildergeschichten schuf, umfasste nur zwei Jahre. Thiel arbeitete in der traditionellen deutschen Form, mit Versen unter den Bildern. Was seine Bücher heraushob, war indes die Länge der Erzählungen.
Übernahmen US-amerikanischer Comics waren im Deutschen Reich selten. Daher überrascht es, wenn eine nicht nur deutschprachige, sondern auch Nazi-nahe Zeitschrift sich 1937 damit schmückt. Die Wespe erschien außerhalb des Reichs in der Vojvodina, einem Siedlungsgebiet der "Volksdeutsche".
Ende der 1920er Jahre entstand für die Firma Darboven eine langlebige Reihe von Bilderbogen mit einer Kaffeebohne - der Darbohne - als Titelheldin. Nach dem Krieg setzte der bekannte Grafiker Hans Held die Reihe der Darbohne-Comics fort, die in moderner Form seit kurzem von Marc Buchner gestaltet werden.
Traditionell sind die seit dem 15. Jahrhundert verbreiteten Totentanzdarstellungen additiver Natur. Anders eine von Alfred Rethel 1849 geschaffene Bildfolge mit zeitgenössischen Bezug, die ihrerseits die Totentanz-Zyklen von Eduard Ille (ebenfalls 1849) und von Richard Schwarzkopf (1936) prägte.
Als Bestandteil von Zeitungen musste die amerikanische Comicbeilage auch die Aufmerksamkeit der frühen deutschen Zeitungsforschung erwecken. In Deutschland tat man sich schwer, die populäre Form zu übernehmen, und das, obwohl die Comics dazu beitrugen, die Auflage ihres Blattes zu erhöhen.
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